Jagd auf Briefmarken

Beim Versenden unserer Weihnachtspost sind wir auf ein ganz eigenes Problem gestoßen, nämlich Briefmarken zu bekommen. Die - in Staatshand befindlichen - Postämter haben vermutlich gewerkschaftlich schwer erkämpfte Öffnungszeiten, und zwar exakt von 8:20 bis 13:35 und keine Minute länger (abgesehen vom Hauptpostamt, das noch ein bisschen drauflegt), auch nicht zur Adventszeit! Schon früher sind uns immer die Schlangen davor gegen Monatsende aufgefallen, weil dann dort viele Ruheständler ihre Rente immer noch in bar (!) abholen. Das Konzept eines Girokontos mit bargeldlosem Zahlungstransfer ist hier noch nicht so weit verbreitet. Nun aber zur Adventszeit hat sich der Andrang naturgemäß drastisch erhöht und man sieht die Schlangen täglich, quasi die gesamte Öffnungszeit über, an jeder Poststelle. Hinzu kommt der bürokratische Overhead des Staatsbetriebs ;-) und natürlich auch das übliche Schwätzchen, das Jede*r am Schalter erst mal hält. Der Erwerb einer Briefmarke, der deshalb schon ohne Schlange unter zehn Minuten kaum machbar ist, kann also locker ein, zwei Stündchen dauern.

Zum Ausgleich dieses Missstands gibt es die wunderbare italienische Institution des Tabaccaio. In diesem Kiosk-ähnlichen Laden bekommt man nicht nur Tabak, Zeitungen und Zeitschriften, sondern neben vielen anderen sehr praktischen Dingen wie dem Aufladen der Handy-Prepaid-Karte, der ÖPNV-Karte, Steuermarken und obskuren Rubbellosen auch Briefmarken. Leider hat sich herausgestellt, dass auch die Tabaccai die Briefmarken en gros am Postamt holen müssten und die Warterei ebenso satt haben. Nach der zwanzigsten vergeblichen Anfrage haben wir zu guter Letzt den vermutlich letzten Tabaccaio Venedigs im Besitz von Briefmarken gefunden, weit drüben auf der anderen Seite des Canal Grande in Dorsoduro. 30 Sekunden später war ich stolzer Besitzer einer Briefmarke der Poste Italiane.


Danach hatten wir uns erst mal lecker Frühstück im Caffè Orange am Campo S. Margherita verdient.

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